Das Rückert-Jahr in Schweinfurt
Am Sonntag, 31. Januar, jährt sich der Tod von Friedrich Rückert zum 150. Mal. Anlässlich des Jubiläums begeht die Stadt Schweinfurt 2016 ein großes Rückert-Jahr. Zentrales Element ist eine Ausstellung in der Kunsthalle, begleitet von weiteren im Museum Georg Schäfer und im Museum Otto Schäfer sowie einem umfangreichen Rahmenprogramm.
Der gebürtige Schweinfurter Friedrich Rückert gehörte zu den großen Intellektuellen des 19. Jahrhunderts. Er beschäftigte sich mit über 40 Sprachen, war Mitbegründer der deutschen Orientalistik und schrieb Bühnenstücke sowie fast 25.000 Gedichte. Rückerts Werke wurden weltweit in 20 Sprachen übersetzt. Berühmte Komponisten wie Robert und Clara Schumann, Gustav Mahler oder Richard Strauß vertonten seine Werke. Bis heute beziehen sich Künstler, Schriftsteller und Wissenschaftler auf Friedrich Rückert, darunter Vincent van Gogh, Hermann Hesse, Thomas Mann und Marcel Reich-Ranicki. Janosch legte seinen Figuren Rückert-Zitate in den Mund und auch Donald Duck rezitiert seine Gedichte. Rückerts Lebensthemen Liebe, Freiheit, Frieden und Verständigung bewegen noch heute.
„Der Weltpoet: Friedrich Rückert (1788–1866) – Dichter, Orientalist, Zeitkritiker" in der Kunsthalle (08.04.–10.07.2016)
Den Kern dieses Gedenkjahres bildet ab 8. April bis zum 10. Juli die Ausstellung „Der Weltpoet: Friedrich Rückert (1788-1866) – Dichter, Orientalist, Zeitkritiker" in der Kunsthalle Schweinfurt. Rückert beschrieb sein Leben als Teppich, an dem er ununterbrochen webte. Ein Zitate- Teppich markiert seinen Lebensweg in der Ausstellung: Rückerts Kindheit in Schweinfurt, die Studienzeit in Würzburg und Jena, seine Reise über die Alpen nach Rom, die Jahre als Professor in Erlangen und Berlin kurz vor der Revolution und die Altersjahre in Neuses (Coburg). Wichtige Wegbegleiter treten auf: die geliebte Ehefrau Luise, sein Förderer König Ludwig I. oder die Berliner Kollegen Jakob und Wilhelm Grimm. Über das Zeitgeschehen informieren großformatige Journale: die Freiheitskriege, der Rückzug ins Privatleben im Biedermeier oder die rasante Entwicklung im Maschinenzeitalter. Tonspuren für Kinder und Medieninformation Erwachsene lassen von Rückert übersetzte Originaltexte und seine eigenen Gedichte lebendig werden.
Anschließend wird die Ausstellung in angepasster Form in den beiden anderen bayerischen Rückert-Städten Erlangen (24.07. bis 13.11.2016) und Coburg (14.01. bis 17.04.2017) gezeigt.
„Ritter und Nazarener - Friedrich Rückert und die Mittelalterfantasien" im Museum Georg Schäfer (07.04. bis 31.07.2016)
Das Museum Georg Schäfer präsentiert eine prägnante Bildauswahl zu Themen, mit denen sich Rückert bis zu seiner Rückkehr aus Italien 1818 beschäftigte.
In der fränkischen Bettenburg und ihren Gartenstaffagen wurde Rückert zum ersten Mal mit der Ritterthematik konfrontiert. Gemalte und gezeichnete Mittelalterfantasien sind deshalb in der Ausstellung komplementär zu seiner Poesie vertreten, darunter Werke von Julius Schnorr von Carolsfeld und Moritz von Schwind. Ein Romaufenthalt 1817/18 eröffnete Rückert den Zugang zur Malerei seiner Zeit – eine Kunst, die er lyrisch analysierte und in deren patriotisch-religiösen Idealen er sich wiederfand. Er bewunderte vor allem die Werke der „Nazarener".
Die Ausstellung, die Verse Rückerts mit Zeichnungen und Gemälden vereint, zeigt etwa 70 Werke. Das Begleitprogramm umfasst ein Kindermuseum zum Thema „Ritter" sowie Konzerte und Vorträge. Zur Ausstellung erscheint eine Publikation mit Versen von Friedrich Rückert und Bildern aus dem Museum Georg Schäfer.
„Rückert radiert" im Museum Otto Schäfer (10.04. – 10.07.2016)
Das Museum Otto Schäfer präsentiert die Ausstellung „Rückert radiert". Die Schweinfurter Radierwerkstatt illustriert Werke Rückerts und stellt sie der Öffentlichkeit vor. Temporär gezeigt werden darüber hinaus originale Druckgrafiken von Albrecht Dürer.
Verbundticket für alle drei Ausstellungen
Anstatt in Summe 15 € können alle drei Ausstellungen mit einem eigens aufgelegten Verbundticket für alle drei Häuser zum Preis von 11 € besucht werden.
Begleitprogramm zum Rückert-Jahr
Die Ausstellungen werden von einem vielfältigen Rahmenprogramm begleitet: Konzerte, Lesungen (u.a. Bachmann-Preisträgerin Nora Gomringer), Führungen (z.B. Landschaftspark Bettenburg) sowie Kunst- und Theaterprojekte werden in der Kunsthalle, in der Stadt Schweinfurt und in den Rückert-Gemeinden Oberlauringen, Hofheim, Ebern-Rentweinsdorf, sowie in Seßlach, Coburg, Bad Rodach, und Erlangen angeboten. Ein internationales Symposion versammelt die Rückert-Fachwelt im September in Schweinfurt.
Alle Veranstaltungen und Informationen zu den Ausstellungen gibt es ab Mitte Februar im Internet unter www.rueckert-weltpoet.de.
Friedrich Rückert:
Friedrich Rückert wird am 16. Mai 1788 in Schweinfurt geboren. Nach Kinderjahren in Oberlauringen (1793-1802) kehrt er nach Schweinfurt zurück, um dort seinen Gymnasialabschluss zu absolvieren (1805). Danach nimmt er zunächst das Studium der Jurisprudenz in Würzburg auf, wechselt jedoch zur Philologie und Mythologie; 1811 wird er in Jena mit seiner Arbeit „De Idea philologiae" zum Doktor der Philosophie promoviert.
Mit den 1814 erschienenen „Geharnischten Sonetten" avanciert Rückert in der Szene der Lyrik der Befreiungskriege schnell zum ‚Shooting Star‘. Durch Vermittlung von Freunden und Förderern wird er Redakteur beim berühmten Stuttgarter „Morgenblatt für gebildete Stände" (1815-1817), ehe er im Sommer 1817 zu seiner Italienreise aufbricht. Vor seiner Rückkehr im Spätwinter 1819 sucht er in Wien den berühmten Orientalisten Joseph von Hammer-Purgstall auf, um dort seine bereits autodidaktisch erworbenen Kenntnisse der Orientalischen Sprachen zu vertiefen bzw. zu erweitern.
Trotz dichterischer Erfolge („Liebesfrühling") wendet er sich von nun an zunehmend den orientalischen Sprachen und Kulturen zu.
Rückert übersetzte aus 44 Sprachen, es gibt kaum ein kulturell konstituierendes Werk der europäischen oder orientalischen Literatur, das Rückert nicht zumindest in umfänglichen Auszügen kongenial ins Deutsche übertragen hätte; darunter auch der Koran.
Nach seiner Eheschließung mit Luise geb. Wiethaus-Fischer im Jahre 1821 wohnt er zunächst in Coburg, bis er 1826 zum Professor für Orientalische Sprachen nach Erlangen berufen wird, wo er bis 1841 wirkte; dort verfasste er den Großteil seiner Werke, z.B. „Nal und Damajanti, eine Episode aus dem indischen Nationalepos Mahabārāta, „Die Weisheit des Brahmanen" oder die Geschichte von „Rostem und Suhrab" aus dem persischen Königsbuch. Dort stellt er auch erstmals seine bis dahin entstandene deutsche Lyrik in der sechsbändigen Ausgabe der „Gesammelten Gedichte" (1834-1838) zusammen.
1848 wird er auf Betreiben des preußischen Königs Friedrich Wilhem IV. unter skandalös zuvorkommenden Bedingungen (3000 Thaler Gehalt, Vorlesungen nur im Wintersemester) an die Berliner Alma Mater berufen. Während dieser Zeit widmet er sich vornehmlich der Dramendichtung, der jedoch kein Erfolg beschieden war.
Enttäuscht von Berlin, wo er sich nie wohlgefühlt hat, zieht er sich 1848 auf sein Gut in Neuses bei Coburg zurück, um von nun an der Welt seinen Schwanengesang darzubringen: Einen tausende von Gedichten umfassenden Abgesang auf die vor seinen Augen untergehende, vornehmlich noch agrarisch verfasste und aristokratisch geprägte Ständegesellschaft ‚zugunsten‘ der nun aufziehenden, zunehmend von der aufkommenden Industrie bestimmten Massengesellschaft – samt all der damit verbundenen Friktionen. Neben Alltagsbegebenheiten werden in diesem „Liedertagebuch" auch die soziale Frage, die mit der Industrialisierung einhergehenden Umweltprobleme, die Frage nach einem würdigen Alter sowie der nahende Tod erörtert. 1857 stirbt Rückerts Frau Luise; er folgt ihr am 31. Januar 1866 nach.
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